Bibliothek der Dinge

Der Gedanke hinter einem Angebot „Bibliothek der Dinge“ ist einfach: Viele Bücher zu den verschiedensten Themen sind bereits vorhanden, doch die passenden Geräte dazu hat nicht jeder zu Hause. Viele Menschen können oder wollen sich teure Werkzeuge und Geräte für den Alltag nicht leisten. Sie benötigen sie häufig nur einmal oder sehr selten. Das Angebot schafft hier Abhilfe.
Es gliedert sich auch logisch in die Vermittlungsarbeit der Bibliotheken ein. Nicht nur das Buch vermittelt als Text    z.B als Ratgeber eine Fertigkeit, auch Bilder vermögen dies und nicht zuletzt die Haptik. Bildungseinrichtungen nutzen dieses Prinzip schon lange und in vielfältiger Weise, so z.B. Lernspielzeuge, die alles andere als eine neue Erfindung sind. Ebenso bekannt ist das aus dem Werkunterricht bekannte Lernen am praktischen Gebrauchsgegenstand.

Eine Bibliothek verleiht ein Medium als Vermittelndes um Lernen zu unterstützen: ob sie als Ratgeberliteratur Alltagshelfer sind oder als Belletristik der Unterhaltung dienen und zugleich im ständigen Lesegebrauch das praktische Lernen von Sprache fördern.
Die „Bibliothek der Dinge“ macht nun nichts anderes. Das Medium als „Vermittelndes“ einer Fähigkeit kann vielfältig sein: Lernroboter und Programmierhilfe, Alltagshilfe, Hobby-Anleitung oder Unterhaltung, die Technikverständnis fördert und am praktischen Medium erlernbar macht.

Für die öffentliche Bibliothek stellen sich drei Hauptschwerpunkte – alles unter der Prämisse, dass die „Dinge“ normale Medien sind und entsprechend auch von allen Mitarbeitenden als Selbstverständnis behandelt werden. Planung, Umsetzung und Praxis.

Planung

Zunächst sollte die #Infrastruktur betrachtet werden. Man sollte sich fragen: Wer sind meine Nutzenden? Was gibt es am Ort schon für ähnliche (etablierte) Angebote? Und gibt es potenzielle Partner?
Lassen sich hierdurch schon Rückschlüsse auf „Dinge“ treffen, die für die Bibliothek in Frage kommen, oder ausgeschlossen werden müssen, bzw. die man ggf. in Kooperation mit anderen Einrichtungen oder Partnern in den Verleih aufnimmt.
Weitere #Auswahlkriterien dienen dem Ausschluss. Grenzen setzt natürlich das Budget (bei diesem sollte immer auch schon Material zum Ausleihfertigmachen bedacht sein). Ebenso ist die Arbeitszeit, die für die Kontrolle, ggf. Wartung und Reparatur eingesetzt werden müssen zu bedenken. Die Ausleihtauglichkeit ist ein weiteres Kriterium, da ja die Nutzenden die Dinge transportieren und handhaben müssen; Stoßfestigkeit, Stabilität, verständliche (technische) Anleitungen/Spezifikationen und geringe Kleinteiligkeit sind hier u.a. zu nennen.
Nicht zuletzt ist auch #Rechtliches zu bedenken. Die Bibliothek ist nicht von ihrer Sorgfaltspflicht durch den Haftungsausschluss befreit. Dies gilt schon bei gewohnten Medien für den Jugendschutz. Bei „Dingen“ kommt auch die Hygiene ins Spiel – und auch wenn in der Lebensmittelhygieneverordnung noch keine Regel für einen nichtkommerziellen Verleih von Dingen der Lebensmittelzubereitung u. ä. existiert, so bleibt der LMHV-Grundsatz: keine Kontamination der Primärerzeugnisse bestehen.
Sonstige Altersbeschränkungen können zudem Sinn machen bei „Dingen“ die bei Kindern und Jugendlichen z.B. körperliche Schäden hervorrufen können – z.B. elektrische Handwerksgeräte, Laser, akustische Verstärker oder auch ein Sportset mit Pfeil und Bogen sollten altersbegrenzt werden – und auch nicht frei zugänglich aufgestellt sein. Eine Altersbegrenzung empfiehlt sich ja zudem schon bei einigen Dingen aufgrund der hohen Wertigkeit. Hingewiesen sei an dieser Stelle auch, dass Waffen, Chemikalien und auch Saatgut unter rechtliche Bestimmungen fallen.
Auf jeden Fall sollte die Bibliothek der Dinge in der Nutzungsordnung bedacht sein – hier empfiehlt sich eine weite Definition von Medium (=Vermittelndes). Alternativen können eine separate Nutzungsvereinbarung mit Haftungsausschluss oder eine Regelung über einen Verein (hier müssen dann die rechtlichen Fragen vom Verein geklärt sein wie auch das Verhältnis von Verein zu Bibliothek als Ausgabestelle) sein.
Rechtlich geklärt sollten auch Versicherungsfragen sein bzgl. Sponsoren oder Leihgebern. Im Sonderfall einer Artothek sind hier auch Werte der zu verleihenden Kunstwerke über Verträge mit den stellenden Künstlern festzulegen. Die rechtliche Prüfung und ggf. die Berechnung und Weitergabe von Leihgebühren können hier ggf. schwierig werden.

Umsetzung

Vor dem #Kauf ist bei der Angebotseinholung auch auf Verfügbarkeit von Ersatzteilen und bei digital-hybriden Dingen auf Updates zu achten.
Die #Katalogisierung schließlich wird schon bei einigen Anbietern durch Vorlagen im BMS erleichtert. Wo dies nicht der Fall ist, empfiehlt es sich, die „Dinge“ als Spiel mit Interessenskreis aufzunehmen. Ideal ist aber natürlich eine eigene Mediengruppe. Hierbei sollte unbedingt auf die Altersbeschränkung, ggf. die Wertangabe und Transporthinweis für Nutzende und für den Katalog auf eigene Coverabbildungen geachtet werden. Wichtig ist hierbei: Produktfotografien aus dem Internet können urheberrechtlichen Bestimmungen unterliegen, die nicht durch Rahmenverträge wie bei den üblichen Coverprovidern abgedeckt sind.
Danach oder zeitgleich erfolgt das #Ausleihfertigmachen. Hier sind schon die angesprochenen Kriterien von Transportfähigkeit und Stoßfestigkeit zu bedenken, da Originalverpackungen nur sehr selten bibliothekskompatiblen und auf eine dauerhafte Festigkeit ausgelegt sind. Hier sollte schon das Design für das Angebot von Anfang an auftauchen und auf den Medien/Transportbehältern angebracht werden. Zudem sind meist selbst Etikett mit Foto, eine Inhaltsangabe (bei mehrteiligen Dingen mit Foto empfohlen), und Nutzungshinweise anzubringen. Bei Kleinteiligen und stoßempfindlichen Dingen empfiehlt sich Rasterfüllschaum wie für Fotokoffer u.ä., um die Dinge stoßfest zu verstauen. Bedienungsanleitungen sollten bei diesem Schrift eingescannt oder kopiert werden für den Fall des Verlustes.
Sind die „Dinge“ dann verfügbar, geht es an die #Präsentation. Ob etwas dabei im Bestand eingeordnet oder gesondert aufgestellt wird, entscheidet sich dabei meist durch die Räumlichkeiten der Bibliothek. Eine Freihand-Aufstellung muss unter ständiger Aufsicht sein, eine Vitrinenlösung braucht einen größeren Platz, eine Spindlösung (mit durchsichtigen Türen) ebenso. Die Präsentation in den Regalen benötigt Platzhalter – und die Mitarbeitenden am Ausleihtresen leichten Zugang zu den Transportboxen usw. Alle Lösungen haben etwas für sich, ob nun die Übersichtlichkeit der separaten Lösung mit Spind, Vitrine oder Freihand, wie auch die Lösung im Regal, bei der die Nutzenden immer zum jeweiligen Thema gleich das „Ding“ mit den anderen Medien in der themenbezogenen Aufstellung sehen und zum Mitnehmen mehrerer Medien aus dem Bestand animiert werden.
Zuletzt sei noch an die alltägliche #Bewerbung des Angebots erinnert. Vor Ort können Übersichtsplakat, eine Vitrine oder besondere Aufstellung (Frontalpräsentation in der Sachgruppe, sowie Hinweise auf anderen Medien (z.B. auf dem Ratgeber zum Thema) und „Bildschirmschoner“ auf den PC-Arbeitsplätzen sorgen. Virtuell sind eine Übersicht auf Internetseite, ein gesondertes im OPAC (z.B. Coverkarussell) oder ein kleiner Film denkbar. Bei Partnern sind Objekte des Monats auf der Stadtseite, Mitarbeitendenhinweise bei Institutionen oder Läden, Guerilla-Marketing und z.B. Schulkanäle denkbar

Praxis

Im Bibliotheksalltag muss natürlich zum einen daran gedacht werden, dass die „Dinge“ für die #Ausleihe gut erreichbar und entsprechend sicher aufbewahrt sind. Ob dies nun über eine Schlüsselausgabe für einen Spint oder über die Ausgabe am Ausleihtresen geregelt ist – die Mitarbeitenden sollten schnellen Zugriff auf die zu entleihenden „Dinge“ haben oder ermöglichen. Im Einzelfall sollten auch kurze Ratschläge zur Handhabung an die Nutzenden schon bei der Ausleihe geschehen.
Eine Mehrarbeit ergibt sich bei der #Rückgabekontrolle. Erleichtert wird dies, wenn schon beim Ausleihfertigmachen auf die Übersichtlichkeit für die Kontrolle geachtet wird. Zudem sollte auf Sauberkeit geachtet werden, ggf. z.B. bei Kopfhörern auch eine kurze Reinigung mit Hygienetüchern vorgenommen werden. Für viele „Dinge“ ist zudem ein kurzer Funktionstest geboten über den eine mögliche Nutzendenhaftung bzw. ein Aufladen von Akkus erfolgen. Zudem können Kleinwartungen möglich werden, was vom Stimmen/Saitenaufziehen bei Instrumenten bis hin zum Ersatz eines Kleinkabels, einer Nadel oder eines Bits für den Akku-Schrauber reichen kann.
Alle Fragen der #Wartung sollten darüber hinaus geklärt sein. Konkret heißt dies, dass für eine professionelle Wartung entweder ein HH-Ansatz vorhanden ist oder eine Partnerkooperation (z.B. für Musikinstrumente mit der Musikschule usw.) festgelegt ist. Darüber hinaus ist auch an die Nutzendeneinbindung zu denken, um die potenzielle Wartung so gering wie möglich zu halten. Dies reicht von Hinweisen auf Objekt oder Transportbehälter, über FAQs für die Nutzung bis hin zu gemachten oder verlinkten Videos zu Nutzung, Pflege und Reinigung.
Zur Kommunikation den Nutzenden gegenüber gehört zudem der Umgang mit #Verbrauchsmaterial. Ist hierfür kein Budgetansatz gewollt (und auch nicht empfehlenswert), so helfen hier der Hinweis darauf, dass Verbrauchsmaterial selbst beschafft oder gerne Reste in dem Transportbehälter für den nächsten Nutzenden hinterlassen werden können. Eine weitere Alternative ist ein Tauschregal oder eine Tauschbörse, was jedoch durch die Betreuung Personalkapazität bindet bzw. auch, je nach Tauschmaterial, Fragen nach Sorgfaltspflicht oder Rechtlichem aufwirft (Zugänglichkeit für Kinder, Saatgut als Tauschmaterial u.ä.).
Des Weiteren sollte – wie ja bei Spielen auch – den Nutzenden gegenüber der Hinweis auf Sauberkeit und Vollständigkeit sowie auf den Wert des jeweiligen „Dings“ erfolgen. In Fragen von #Ersatz, gerade bei den ja deutlich kostenintensiveren „Dingen“, ist somit eine klare Kommunikation gegeben. Einzelteilverschleiß (z.B. bei Bits für den Akku-Schrauber) sollte jedoch die Bibliothek dies selbst in einem HH-Ansatz für Wartung bedenken.
Zuletzt sei an die #Bestandserneuerung hingewiesen. Diese sollte ähnlich dem klassischen bestand erfolgen, Neues auf dem Markt geprüft, das Aussortieren der Ladenhüter geplant, Nutzendenwünsche berücksichtigt und Austauschexemplare bedacht werden.